Vorbildliche Sanierung 2011

Sanierung und Umbau eines ehem. Schulgebäudes
Maren und Jonas Niemann
Schweskau, Schulstr. 1

 

Die Jury
Kerstin Duncker, Knut Hose,
Dr. Fritz Monke, Ralf Pohlmann,
Jürgen Weinhold

 

Das im Jahre 1879 errichtete Schulgebäude hat eine sehr wechselvolle Geschichte aufzuweisen (siehe auch nebenstehenden Text „Die alte Schule in Schweskau“). Bemerkenswert ist immer wieder, welch unterschiedliche Nutzungen alte Gebäude über sich ergehen lassen, ohne dass sie ihren Charakter einbüßen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Bewohner bzw. Eigentümer sich mit dem Wesen des Hauses auseinandersetzen und der Versuchung widerstehen, eigene Bedürfnisse losgelöst vom Vorhandenen diesem aufzwingen zu wollen. Darüber hinaus erfordert eine den heutigen Anforderungen genügende Sanierung eine fachlich qualifizierte Beratung in bauphysikalischer Hinsicht. Gerade die angestrebten hohen Dämmwerte bergen in Verbindung mit der heutigen Materialvielfalt an Baustoffen nicht unbeträchtliche Risiken insbesondere bei Fachwerkhäusern.

Bei der alten Schule in Schweskau sind die genannten Anforderungen in vorbildlicher Weise erfüllt. Man spürt, wie sehr sich ihre Bewohner mit dem Vorgefundenen identifiziert haben. Das führt im Inneren zu oftmals überraschenden und fantasievollen Lösungen, ohne dass in die konstruktiven Elemente eingegriffen wird. Viele Spuren früherer Nutzungen sind erkennbar geblieben. Im Äußeren ist bei den Fenstern der Südseite der ursprüngliche Zustand zur Zeit der Schulnutzung weitgehend wiederhergestellt worden. Leider wurde dabei auf die Sprossen der unteren Flügel verzichtet, was teilweise ungünstige Proportionen zur Folge hat. Auch die sehr unterschiedlichen Fensterformate der ansonsten vorbildlich mit Schieferbehang wiederhergestellten Westseite geben der dortigen Ansicht eine gewisse Unruhe.

Hinsichtlich des Aufbaus der Außen-, wie der Innenwände fanden weitgehend historische (Lehm) und bauökologisch unbedenkliche Materialien Verwendung.

Auch die zusammen mit dem Nebengebäude besonders reizvolle Hofsituation, die den ankommenden Besucher empfängt, wurde einschließlich der beschirmenden Bäume in ihrem Charakter nicht angetastet.

Insgesamt wurde die Sanierung außerordentlich sensibel ausgeführt. Das vorgefundene Ergebnis belegt ein hervorragendes Zusammenspiel von Bewohnern, Planer und Handwerkern.


Geschichte des alten Schulhauses in Schweskau

Seit 132 Jahren gibt es das Schulhaus in Schweskau. Im Jahre 1879 wurde es erbaut und bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts als Schule genutzt.
Über 70 Jahre lang wurden Kinder in diesem Fachwerkhaus unterrichtet, teilweise gingen gleichzeitig über 80 Schüler hier zum Unterricht.
Der Eingang zu den Klassenräumen lag auf der Ostseite des Hauses, dieser Eingang wird heute noch genutzt. Über einen winzigen Flur gelangten die Schüler in den einzigen großen Klassenraum. Heute dient uns der Klassenraum als Waschküche, Bad, Gäste- und Arbeitszimmer.
Der Lehrer hatte im Westflügel des Hauses seine Wohnung. Im Obergeschoss gab es für besonders Lernwillige noch Räume für den freiwilligen Englischunterricht. Das Schulklo, ein Plumpsklo, war draußen im Stallgebäude untergebracht.
In den Pausen spielten die Schüler auf dem Schulhof vor dem Haus, dort, wo heute die große Linde Schatten spendet.
Anfang der 1950er Jahre zogen die Schüler in das neu errichtete Schulgebäude am Schweskauer Sportplatz um. Das alte Schulhaus kaufte der Mediziner Dr. Jobst Grubert, der dort mit seiner Familie einzog und die Klassenräume zu einer Arztpraxis umbaute. Der ehemalige Schuleingang wurde zum Praxiseingang, der Klassenraum unterteilt in Toilette, Warte- und Behandlungszimmer.
Bis Ende der 60er Jahre versorgte Dr. Grubert als Landarzt die Patienten im Lemgow, ehe er schließlich seine Kassenzulassung zurückgab und eine Beschäftigung im Lüchower Gesundheitsamt annahm. Dennoch blieb er bis zu seinem Tod im Jahr 2009 ein Ansprechpartner für viele Menschen im Lemgow.
In das Obergeschoss des Hauses zogen nach dem Krieg Flüchtlinge ein, denen teilweise nur ein Zimmer zur Verfügung stand: Frau Janz lebte bis zu ihrem Tod Ende der 50er Jahre in ihrem kleinen Zimmer, oben in der Ostseite. Frau Dinter und ihre Tochter wohnten bis ca. 1960 in 3 kleinen Zimmern auf der Westseite. Das Plumpsklo wurde weiterhin genutzt, Wasser zum Spülen und Waschen musste Liter für Liter von unten nach oben getragen werden und natürlich auch wieder retour.
Der Garten hinter dem Haus war zunächst als reiner Nutzgarten angelegt, und diente zur Versorgung der Familien. Im Laufe der Zeit wurde der Nutzgarten kleiner und stattdessen mehr und mehr Obstbäume gepflanzt, vornehmlich Apfel-, Pflaumen- und Birnbäume.